Erkennen, Handeln: Deepfake-Verteidigungsset für Schutzunterkünfte

Druckbare Karten und ein einseitiges Merkblatt, um Mitarbeitende in Schutzunterkünften dabei zu unterstützen, Deepfake-Vorfälle zu erkennen, darauf zu reagieren und darüber zu sprechen – ruhig und praktisch.

Die in diesem Workshop besprochenen Szenarien und Ideen bleiben nicht nur im Raum – sie können dazu beitragen, das Deepfake-Verteidigungsset für andere zu verbessern. Am Ende der Sitzung werden wir fragen, ob die Gruppe damit einverstanden ist, einige der heutigen Tipps, Strategien oder Formulierungen zu teilen. Nichts wird ohne die Zustimmung aller übernommen, und alle geteilten Beiträge werden anonymisiert. Selbst wenn nur eine Person nicht teilen möchte, werden wir diese Entscheidung vollständig respektieren.

Druckanleitung

Checklisten-Karte

  • Format: A6 (¼ A4), 4 pro Blatt
  • Einseitig drucken
  • Karton oder festes Papier verwenden
  • Nach dem Drucken zuschneiden

Szenario-Karten

  • Format: A6, 4 pro A4-Blatt
  • Doppelseitig optional
  • Karton empfohlen

Merkblatt

  • Format: A4, einseitig
  • Als Handout oder PDF
  • Laminieren optional

Checklisten-Karte – Deepfakes erkennen

Vertraue deinen Sinnen, aber prüfe die Quelle.

Erstes Bauchgefühl

  • Wirkt etwas seltsam? Stelle Fragen.
  • „Würde diese Person das wirklich sagen oder schicken?“

Visuelle Prüfung

  • Passen Lippenbewegungen und Ton nicht zusammen? Unnatürliches Blinzeln?
  • Stimmen Licht und Schatten nicht zur Umgebung?
  • Flackern Ohrringe, verschwimmen Zähne, bleibt die Haarpracht unnatürlich perfekt?

Hör genau hin

  • Stimme ruckelt, seltsame Sprechpausen, roboterhaft?
  • Emotion passt nicht zum Inhalt?

Kontext hinterfragen

  • Taucht das Video/Sprachnachricht plötzlich aus dem Nichts auf?
  • Findest du das gleiche Material bei vertrauenswürdigen Quellen?
  • Wurde es in Eile geschickt, um eine Reaktion zu provozieren?

Werkzeuge (optional)

  • InVID, FotoForensics, Rückwärtsbild-/Videosuche
  • Frag eine andere Person – zwei Köpfe denken besser als einer

Handlungs-Pause

  • Emotional aufgeladene Medien nicht ungeprüft weiterleiten
  • Unter Druck nicht antworten – besonders auf Forderungen oder Drohungen

Im Zweifel melden. Nachprüfen ist keine Schande.


Szenariokarten

Druckvorlage: Vier pro A4-Seite. Zuschneiden auf A6.

Szenario 1 – „Ich habe dein Video gesehen…“

Eine betroffene Person erhält eine Nachricht von ihrer Cousine, in der steht, dass ein Nacktvideo von ihr in WhatsApp-Gruppen kursiere. Sie hat nie ein solches Video erstellt.

  • Was fragst du sie zuerst?
  • Wie überprüfst du, ob das Video existiert und echt oder gefälscht ist?
  • Wie unterstützt du sie, ohne Panik zu verbreiten?

Szenario 2 – „Die Chefin sagte, ich soll die Passwörter schicken“

Eine ehrenamtliche Mitarbeiterin eines Frauenhauses erhält eine Sprachnachricht, die angeblich von der Leiterin stammt. Darin wird dringend Zugang zu allen gemeinsamen Konten vor dem „Audit-Tag“ verlangt. Die Stimme klingt fast echt.

  • Was sollte die Ehrenamtliche als Nächstes tun?
  • Wie lässt sich die Echtheit ruhig überprüfen?
  • Wie ist der Notfallplan bei Führungsimpersonation?

Szenario 3 – „Sie lügt – ich habe Beweise“

Ein Täter postet ein Video, in dem die betroffene Person angeblich zugibt, die Vorwürfe erfunden zu haben. Das Video zeigt ihr Gesicht und ihre Stimme – aber sie sagt Dinge, die sie nie gesagt hat.

  • Welche emotionalen Auswirkungen hat das auf sie?
  • Wie würdest du das Video untersuchen?
  • Wie reagierst du strategisch (falls überhaupt)?

Szenario 4 – „Glaubst du das?“
Eine Ehrenamtliche leitet ein schockierendes Video einer öffentlichen Person weiter, das ein „Geständnis“ zu einem Verbrechen zeigt, mit dem Kommentar: „Sieht echt aus, aber was denkst du?“ Du vermutest einen Deepfake.

  • Wie reagierst du gelassen?
  • Welche Schritte helfen bei der Überprüfung?
  • Wie besprichst du das mit dem Team?

Merkblatt – Schutz vor Deepfakes und digitalen Lügen

Was ist ein Deepfake?

Medien (Videos, Audio, Bilder), die echt wirken, aber manipuliert oder generiert wurden, um zu täuschen. Gewaltausübende nutzen sie zur Demütigung, Kontrolle oder Diskreditierung.

Wo sie auftauchen

  • Gefälschte Geständnisse oder Nacktbilder
  • Nachrichten, die Mitarbeitende oder Überlebende vortäuschen
  • Manipulierte Medien zur Konfliktschürung
  • Anrufe mit nachgeahmten Stimmen

Schutzmaßnahmen

Sie brauchen keine Technik-Kenntnisse, sondern:

  • Wissen über Manipulationstaktiken
  • Besonnenheit unter Druck
  • Klare Teamkommunikation
  • Vertrauen und emotionale Unterstützung

Schnellreaktionsleitfaden

  1. Ruhe bewahren. Schnelle Reaktionen spielen dem Täter in die Hände
  2. Pause machen. Nutzen Sie Ihre Checkliste, Kolleg:innen oder Tools
  3. Alles dokumentieren. Screenshots, Links, Datumsangaben
  4. Betroffene Person unterstützen. Zuerst zuhören
  5. Mit öffentlichen Reaktionen vorsichtig sein
  6. Eskalieren Sie nach internem Plan oder mit vertrauenswürdigen Ansprechpersonen

Was am meisten hilft

  • Praxisübungen mit Szenarien
  • Fester Ansprechpartner für verdächtige Nachrichten
  • Einfache tägliche Überprüfungsroutinen
  • Offenes Sprechen über ungewöhnliche Vorfälle

Abschließender Gedanke

  • Die meisten Deepfakes funktionieren durch Panikmache, nicht durch Perfektion.
  • Ihre Stärke liegt nicht in Technik, sondern im Teamwork und klarem Denken.